Der Rückenschmerz – Das „Kreuz“ mit dem „Kreuz“
Laut Gesundheitsministerium leiden circa 2 Millionen Österreicher unter ständigen Rückenschmerzen.
„Kreuzschmerzen“ sind eine der häufigsten Gründe für einen Arztbesuch, abgesehen vom Leiden des einzelnen Betroffenen haben Rückenschmerzen eine volkswirtschaftliche Bedeutung, da sie eine Vielzahl an Krankenständen sowie hohe Behandlungskosten und mitunter Frühpensionierungen zur Folge haben.
In zivilisierten Ländern erleiden circa 90% aller Erwachsenen zumindest einmal im Leben eine Episode mit starken Rückenschmerzen, die einen Arztbesuch notwendig machen. Während beim einfachen „Kreuzschmerz“, der nach wenigen Tagen von selbst abklingt, keine weiterführende Diagnostik notwendig ist, muss beim anhaltenden, komplizierten Rückenschmerz die Ursache rasch abgeklärt und konsequent behandelt werden, um die Entstehung eines chronischen Schmerzsyndroms oder neurologischer Folgeschäden zu vermeiden. Bei der Diagnostik der Wirbelsäulenschmerzen ist die Lokalisation, die Dauer, die Abhängigkeit von Belastung und Stellung, der tageszeitliche Verlauf sowie eine eventuelle Ausstrahlung in die Gliedmaßen von hoher Wichtigkeit. Eine exakte Überprüfung der neurologischen Situation (Muskelkraft, Gefühl der Haut, Reflexe, Muskelhartspann..) ist unerlässlich. Während beim unkomplizierten Rückenschmerz sehr oft Fehlbelastungen wie längeres Sitzen, ungerechte Hebebewegungen und Tragen sowie Unterkühlung vorangegangen sind, gibt es beim länger andauernden „Kreuzschmerz“ folgende häufigsten Ursachen:
1) Der klassische Bandscheibenvorfall ( lat. Discusprolaps): hierbei kommt es durch Bedrängung des Rückenmarkes oder der aus dem Wirbelkanal austretenden Nervenstrukturen neben massiven lokalen Schmerzen in den meisten Fällen auch zu einer Ausstrahlung in die Beine ( Lumboischialgie) oder Arme ( Cervicobrachialgie), im schlimmsten Fall treten Lähmungserscheinungen sowie Gefühlsstörungen an der betroffenen Gliedmaße auf – wenn zudem eine Harnblasen- oder Mastdarmlähmung besteht, ist eine sofortige Operation notwendig.
2) Wirbelgleiten (Spondylolisthese): hierbei kommt es durch eine Instabilität im entsprechenden Wirbelsäulenabschnitt zu einem Verschub der Wirbelkörper zueinander, was eine massive Nervenwurzelirritation mit heftigen Bein- und Rückenschmerzen zur Folge haben kann.
3) Wirbelkanalverengung (Spinalkanalstenose): Rückenmark und/oder Nervensack werden durch verdickte Bindegewebs- und Knochenstrukturen eingemauert und verursachen quälende Schmerzen symmetrisch in den Beinen bei Gehbelastung. (ähnlich der Schaufensterkrankheit, bei der es durch verengte Beinarterien ebenfalls zu Schmerzen nach bereits kurzer Gehstrecke kommt und der Patient eine Gehpause einlegen muss, wonach die Schmerzen rasch wieder abklingen.) Bei der Spinalstenose wird der Schmerz durch Vornüberbeugen des Oberkörpers besser.
4) Tumore, Knochenbrüche durch Traumen oder Osteoporose, entzündliche Prozesse: bedrängen in selber Weise Nervenstrukturen und verursachen Schmerzen oder neurologische Ausfälle.
Hält der Arzt anhand der Symptome nach gründlicher Untersuchung eine weiterführende Röntgendiagnostik für notwendig, stehen die klassische Röntgendurchleuchtung sowie CT (Computertomographie) und MRT (Magnetresonanztomographie) zur Verfügung.
Die Behandlungsmethoden sind vielfältig und reichen von nichtmedikamentöser Therapie wie kurzzeitige Bettruhe, körperliche Schonung, Wärmetherapie, Massage sowie gezielte Physiotherapie bis zu Infiltrationen, Infusionen und Medikamentenoptionen mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, z.B. Diclofenac, Ibuprofen, Metamizol, Paracetamol..) oder schwach wirksamen Opioiden sowie schmerzmodulierenden Antidepressiva. Bei neurologischen Ausfällen oder nicht auf Medikamente ansprechenden Schmerzen ist oft eine Operation notwendig, die an entsprechenden Kliniken durchgeführt wird.
Tipps für die Praxis: Wenn ein auftretender Rückenschmerz nicht nach kurzer Zeit von selbst wieder abklingt, empfiehlt sich die Untersuchung durch den behandelnden Arzt, vor allem um etwaige neurologische Ausfälle auszuschließen und eine entsprechende weiterführende Diagnostik (Röntgen, CT, MRT..) sowie Therapie zu veranlassen. Zudem kann Ihr Arzt durch Verabreichung von Infusionen, Infiltrationen und Medikamenten durch Kenntnis von exakter Dosierung und Nebenwirkungsprofil eine rasche Schmerzlinderung erreichen und wird Sie bei Notwendigkeit einer Operation in die Hände einer entsprechenden Fachabteilung legen.
Dr. Karlheinz Pichler